Donnerstag, Oktober 22, 2009

Rabenmutter oder Super-Mom?

Oft werde ich gefragt, wie ich das alles organisiert bekomme: den PhD, den Job, bald zwei Kinder, Haushalt, Ehe und Freunde. Das ganz ohne Babysitter, Haushaltshilfe oder familiäre Unterstützung in greifbarer Nähe. Zeitmanagement vielleicht, Disziplin, ein engagierter Ehemann, flexible Arbeitszeiten, Home-Office und die Kinderkrippe. Das Seltsame ist, dass es für mich nichts außergewöhnliches darstellt, sondern alltäglicher Normalzustand ist.

Ich wollte Kinder, also habe ich Kinder. Und mein Leben ist nicht auf einmal zu Ende oder wird plötzlich nur noch von Windeln, Fingermalfarbe und Beißringen bestimmt. Denn meiner Ansicht nach, bestimmen meine Kinder nicht mein Leben, sondern sind darin integriert. Meine Ideale, meine Träume, meine Zukunftspläne und meine Wünsche sind doch nicht im Kreißsaal verblieben. Nur wenn ich mich selber verwirklichen kann, werde ich meinen Kindern auch eine glückliche, entspannte und kreative Mutter sein.

Und trotzdem kommt es bei vielen durch, das schlechte Gewissen. Begriffe wie "Rabenmutter" hängen in der Luft. Begriffe, die in anderen Sprachen keine Entsprechung haben und wohl am liebsten von "Super-Moms" verwendet werden. Ich bin weder das eine noch das andere. Kein Sonderfall, kein Randgruppenmitglied, maximal berufstätige Mama.

Hier wurde ich zum Beispiel noch nie schief von der Seite angeschaut, weil ich Krümel mit sechs Monaten in die Krippe gegeben habe. Kaum daheim, musste ich mir anhören: Was, so zeitig schon? Gibts da kein Jahr Elternzeit? Nein, gibt es nicht, und ich würde es wahrscheinlich auch gar nicht komplett in Anspruch nehmen. Zum Glück kennen wir hier nur Eltern aus der Krippe und die Diskussion kommt gar nicht erst auf. Denn einmal angefangen, lässt sie sich beständig endlos ausweiten: Fremdbetreuung? Selbstgekochtes? Baby Yoga? Tragetuch? Markenwindel? Early English? Familienbett?

Letztendlich muss jede Familie jeden einzelnen Aspekt für sich selbst entscheiden und sollte sich gleichzeitig tolerant gegenüber andersartigen Lebensentwürfen verhalten. Für mich das einzig wirklich Traurige: Warum können viele Eltern nur noch mit Eltern reden? Wenn nicht, dann aber trotzdem ständig über ihre Kinder?