Montag, Oktober 26, 2009

Rumkluntern - A Coruña

Die Monate September und Oktober bieten noch genügend Material für zahlreiche Blogeinträge. Nur schreiben müsste sie jemand... Frisch ans Werk!

Mitte September war ich für vier Tage in Galizien, in Nordwestspanien auf meiner ersten Konferenz. Im siebten Monat schwanger und mit einem kleinen Kind zu Hause. Aber dank Krippe und fürsorglichem Papa alles kein Problem.

Für alle, die sich nicht tagtäglich über Papers, Conference Rankings und Journal Citations unterhalten, hier eine kurze Einführung, um was es bei so einem Doktor oder PhD eigentlich wirklich geht und warum man ihn eigentlich nicht kaufen kann:

Zu allererst kommt das Thema. Und die Forschungsgruppe. Beides sollte gefallen und eine angenehme, produktive Arbeitsatmosphäre ermöglichen. Auch wenn einige Professoren bei uns im departamento der Meinung sind, dass das Thema der Arbeit schnurzpiepegal ist. Wer Wissenschaftler werden will, macht dies aus Freude am Forschen und forscht dementsprechend über jedes Thema mit gleichem Enthusiasmus. Man werde nicht Wissenschaftler, weil man sich besonders für ein Thema begeistert. Ich persönlich teile diese Meinung nicht, sondern denke, dass die Arbeit mit dem Thema steht und fällt, da man sonst nicht ausreichend motiviert ist. Ich habe mit meinem Thema Gott sei Dank Glück gehabt.

Dann kommt das große Nachdenken, Recherchieren, Experimentieren, Auswerten. Sobald die ersten Ergebnisse verfügbar sind, sollten diese besser heute als morgen in die Form eines wissenschaftlichen Artikels gepresst und bei einer Konferenz oder Fachzeitschrift eingereicht werden. Danach kommt das mal kürzere, mal längere Warten auf den Tag der Entscheidung: Freudensprünge, wenn der Artikel zur Publikation akzeptiert wurde, Enttäuschung und auch zusätzlicher Ansporn, wenn dem nicht so ist. Bevor wir letztendlich unsere Doktorarbeit verteidigen dürfen, sollten wir mindestens drei Veröffentlichungen in namhaften Referenzen vorweisen können. Angesehene Konferenzen oder international vertriebene Zeitschriften. Manchmal werden dort jedoch nicht einmal zwanzig Pronzent der eingereichten Artikel akzeptiert; manchmal ist es wie Lotto. Für all dies habe ich drei Jahre Zeit und liege bis jetzt noch ganz gut im Rennen. Immerhin gibt es bei uns Doktoranden, die schon seit knapp vier Jahren ohne eine Veröffentlichung an ihren Schreibtischen sitzen - und keine zwei Kinder zu Hause haben!

Und im September war es dann endlich soweit. Zwar nichts Namhaftes, da nur auf nationaler Ebene - ich habe natürlich auf Spanisch präsentiert - aber irgendwo muss man ja anfangen. Das Kuriose: Jeder denkt, so eine Konferenz ist Urlaub. Schickes Hotel, lecker Abendessen und die Spesen einfach von der Uni erstattet bekommen. Natürlich ist es Urlaub, wenn man drei Tage eher fliegt oder fünf Tage länger bleiben kann. Nur gehen dann die Spesen nicht mehr aufs Unikonto... Ich fand die vier Tage jedenfalls ziemlich anstrengend.

Mit insgesamt sechs Leuten vom departamento unterwegs war jeden Morgen gemeinsames Frühstück angesagt, zur Uni fahren, Präsentationen, Diskussionen, Workshops und noch mehr Präsentationen. Zwischendurch immer wieder Kaffee und Essen. Nach guter spanischer Manier ordentlich frittiert. Habe noch nie so viel Ausgebackenes auf einen Haufen gesehen. Zum Glück gab es immer noch die Salatalternative und am zweiten Tag wusste ich auch, dass ich zum zweiten Frühstück lieber Apfel und Banane mitbringe, statt durch Croissants und Kekse meinen Mittagsschlaf künstlich vorzuprogrammieren.

Am ersten Abend Empfang im Aquarium bis halb zwölf, am zweiten Abend Konferenzdinner bis eins. Die Spanier sind ja bekannterweise ein geselliges Völkchen. Früh immer wieder beizeiten raus aus den Federn. Außerdem ungewohnt: Wir sechs haben so gut wie alles zusammen gemacht. Es war extra einer unserer Professoren mitgekommen um den "Kindergarten" zu überwachen ;-) Zum Glück hatte ich als einzige chica natürlich ein Einzelzimmer. So wenig Frauen in der Informatik können durchaus von Vorteil sein.

Randbemerkung: Kühl war es besonders abends in A Coruña und regnerisch, schnell wechselndes Wetter. Wegen Schal und Strickjacke wurde ich oft herzhaft belächelt. Und trotzdem habe ich eine unangenehme virale Angina als Reisemitbringsel heimgebracht.

Resumee: Jederzeit wieder, obwohl es kein Urlaub war. Viel gelernt, viel gesehen (ganz am Ende sogar noch von der Stadt), viel gehört, viel ausgetauscht. Neue Kontakte und frische Ideen für meine Arbeit. Jetzt muss ich nur noch zwei- bis dreimal im Lotto gewinnen...

Der Leuchtturm "Torre de Hercules" - das Wahrzeichen und Stadtwappen von A Coruña. Obwohl schon im 2. Jahrhundert erbaut, noch immer in Betrieb.

Meine Präsentation - zum Glück gleich am ersten Konferenztag. So hatte ich es hinter mir.

Und natürlich das aufmerksame! Zuhören bei den Präsentationen der weiteren Konferenzteilnehmer.

Konferenzdinner. Mexiko, Brasilien, Irak, Venezuela, Deutschland, Spanien, Argentinien und Palästina friedlich diskutierend an einem Tisch.

Die typische Küstenarchitektur

Vor dem Rathhaus

Die wohl kürzeste Straßenbahn

Ausblick auf den Hafen, immer noch sonnig.

Die fruchtbare nordspanische Küste. Regionalgericht: Oktopus in allen Variationen. Leider nicht meine Leibspeise...

Zehn Minuten später dies! Es braucht daher nicht verwundern, warum in Galizien alles so schön grün ist. Bei der Menge an Regen- und Nebeltagen im Jahr.

Sonnenuntergang vor dem Aquarium

Jede Menge Miesmuscheln. Auch nicht mein Leibgericht.

Aufgeweckte Langusten

Die haben neugierig auf unsere leckeren Tapas geschaut.