Montag, Juli 17, 2006

Mein 'barrio'

Jeden Morgen um sieben klingelt der Wecker (Wie kann so ein Produkt nur 'Dream Machine' heißen!?) und wenn er nicht klingelt, dann ist es Wochenende oder Feiertag, aber es ist trotzdem sieben... Eine halbe Stunde später mache ich mich auf den Weg zur Metro. Vorbei am Farbenladen, der gerade seine Türen öffnet, über die Straße, vorbei an der Bäckerei. An der nächsten Straßenecke der Zeitungskiosk - die Besitzer, ein älteres Ehepaar, haben gerade ihren Morgenkaffee aus einer nahen Bar geholt und rühren den Zucker unter. Rechts abbiegen. Der Blumenhändler - ein gemütlicher Großvatertyp - trägt eben seinen Ficus nach draußen und wünscht mir einen guten Morgen. Bin ich spät dran, hat er dem Ficus schon Wasser gegeben. Jetzt geht es nur noch geradeaus. Der Mittfünfziger mit Schnauzer und Hund - ob er sich fragt ob ich krank bin, wenn er mich mal nicht sieht? Vier Latino-Bauarbeiter, die darauf warten abgeholt zu werden; wenn ich einen Rock anhabe verstummt ihr Gespräch für einen kurzen Moment. Das 'schwarz-weiße' Pärchen, sie hat Zöpfchen und überragt ihn um einen ganzen Kopf. Kurz darauf hat mich der Metroschlund eingesogen um mich elf Stationen später wieder auszuspucken...

Zwischen sechs und sieben komme ich 'heim'. Manchmal ein kurzer Abstecher im Keksladen - Ringe mit weißer Anis-Zucker-Glasur. Die Verkäuferin ist bestimmt nicht mehr lange da - der Babybauch nicht zu übersehen. Vorbei am Obstladen, dessen asiatische Besitzer mit Zeichensprache und Kassenanzeige mit ihren Kunden kommunizieren; sie können nur 'Gracias' auf spanisch sagen und ganz lieb lächeln.

Am Wochenende, wenn es zu heiß in der Wohnung wird, sind wir oft 'unter den Akazien' - einer kurzen Promenade, wo Dank der vielen Bäume immer Schatten ist und die vielen Bänke zur Siesta und zum Lesen einladen. Eine Frau - Oder ist es doch ein Mann? - geht mit ihrer Katze spazieren. Zwei Bänke weiter rechts schläft eine Alkoholleiche ihren Partyrausch aus. Familien, bepackt mit kleinen Kindern, bunten Sonnenschirmen und großen Taschen, tragen Mittelmeersand in ihren Schuhen nach Hause. Zwei Bänke weiter links halten sich Oma und Opa bei der Hand und schwelgen wohl in Erinnerungen.