Montag, Januar 24, 2011

Wer mal beruflich hier zu tun hat...

zitiert von www.e-fellows.net

Dem habe ich eigentlich nix mehr hinzuzufügen.

"Wenn früher jemand Spanisch büffelte, dann meist für den Sommerurlaub in Benidorm oder auf Mallorca. Doch mit dem Boom der spanischen Wirtschaft füllten sich auch die Kurse für Wirtschaftsspanisch mit Teilnehmern. Verhandeln mit iberischen Geschäftspartnern will aber gelernt sein - sonst kommt man schnell als typisch deutscher "cabeza cuadrada" rüber. Wer sich flexibel gibt und mit regionalem Fingerspitzengefühl agiert, erntet besondere Sympathiepunkte.

Das alte Vorurteil, sie würden nur auf der faulen Haut liegen, haben die Spanier längst widerlegt: Wie eine Studie der EU 2005 zeigte, arbeiten sie auf Stunden bezogen sogar am meisten in ganz Europa - wenn auch noch ziemlich ineffizient.

Die Spanier schuften nicht nur viel, sie sind auch als einzige Europäer zu relativ ungewöhnlichen Zeiten am Arbeitsplatz. Besuche sollte man daher nicht zwischen 13 und 16 Uhr ansetzen. Da nimmt der Spanier ein meist mehrgängiges, oft auch schweres Mittagessen ein ("comida"), worauf eine mindestens einstündige Siesta folgt. Außerdem sollte man bei Verabredungen bis zu 30 Minuten Karenzzeit einkalkulieren. Denn die Spanier sind zwar äußerst gastfreundlich, Pünktlichkeit hat damit aber nichts zu tun.

Eine Einladung zum Abendessen ist ein großer Vertrauensbeweis und eine ideale Gelegenheit, auch über geschäftliche Dinge ins Gespräch zu kommen. Man sollte die Einladung also nicht ausschlagen, das gilt als unhöflich. Eine "cena" beginnt frühestens um 21 Uhr und endet meist gegen Mitternacht. Man sollte dabei auf keinen Fall ständig auf die Uhr schauen, möglichst alle Speisen probieren und sie ausdrücklich loben, denn auf ihr Essen sind die Spanier äußerst stolz.

Small Talk über die Familie und Privates mag einem als Deutscher vielleicht etwas intim erscheinen, in Spanien ist es gang und gäbe. Man sollte den Familienschwank auch auf keinen Fall als Zeitverschwendung betrachten, denn Spanier schließen am liebsten Geschäfte ab mit Leuten, die sie auch persönlich kennen. Ein gutes Small-Talk-Thema ist auch der Fußball. Dabei sollte man in Madrid aber besser nicht den Barça und in Barcelona auf keinen Fall Real Madrid loben.

Titel spielen für die meisten Spanier keine Rolle mehr. Es wird daher meist geduzt, allerdings sollte man abwarten, bis der spanische Geschäftspartner zum ersten Mal das "tú" verwendet. Spanische Geschäftsleute kleiden sich überwiegend elegant und konservativ: Dunkelblaue und dunkelgraue Farben, im Sommer auch hellere Töne beherrschen das Bild; Krawatten sind obligatorisch.

Spanier reden gerne und dabei viel lauter als Deutsche. Man sollte sich der Lautstärke anpassen, sonst wird man nicht wahrgenommen. Vor allem bei politischen Themen sind die Iberer meist sehr direkt und sagen deutlich ihre Meinung. Dabei neigen sie zu starken Übertreibungen und geringem Körperabstand. Sie fallen sich gegenseitig oft ins Wort, scheinbar ohne einander zuzuhören. Das sollte einen nicht verwirren, denn am Ende kommt dabei meist doch ein Konsens heraus - und sei es nur, dass man ein Problem auf die gleiche Weise versteht. Man sollte aber in Meetings nicht mit der Erwartungshaltung hineingehen, unbedingt Beschlüsse fassen zu müssen.

Die Spanier halten die Deutschen meist noch immer für besonders ordentlich, zuverlässig und genau und deutsche Erzeugnisse für hochwertig. Das sollte man nutzen und versuchen, dem spanischen Geschäftspartner genau dieses Gefühl zu geben. Aber Vorsicht: Die Deutschen gelten auch als humorlos und steif. Man sollte bei Verhandlungen also keinesfalls auftreten wie ein "cabeza cuadrada": ein Quadratschädel, der nur geradeaus, rechts und links kennt, sich aber nicht in flexiblen Schlangenlinien - dem spanischen Verhandlungsstil - durch die Gespräche zu winden versteht.

Das gilt besonders für problematische Themen, die einen der Verhandlungspartner in ein schlechtes Licht stellen könnten. Denn spanische Geschäftsleute sind für gewöhnlich allesamt kleine Aristokraten: Nichts ist da schlimmer als Gesichtsverlust. Daher sollte man Probleme immer möglichst diplomatisch umschreiben.

Besonderen Respekt erntet, wer kulturelles Fingerspitzengefühl beweist. In der wirtschaftlich starken Region Katalonien ist es zum Beispiel äußerst sympathiesteigernd, wenn man sich zumindest ein paar Floskeln (zum Beispiel die Begrüßungs- oder Abschiedsformel) auf Katalanisch aneignet. Man sollte aber vorher herausfinden, ob der Geschäftspartner spanischer oder katalanischer Herkunft ist. Wie beantwortet er Telefonanrufe? Hat er zwei spanische oder zwei katalanische Nachnamen? Wenn er Alfonso Pérez Fernández heißt, wird er katalanischen Small Talk möglicherweise sogar als irritierend empfinden.

Kaum Bonuspunkte sammelt man mit katalanischen Wendungen auch auf den Balearen und in der Autonomen Gemeinschaft Valencia. Denn im Gegensatz zu Katalonien spricht die Landessprache dort nicht die high society, sondern haupt- sächlich das "einfache Volk" auf den Dörfern. Im Baskenland oder in Galicien wiederum ist die Unternehmerschicht schon historisch stark "kastilisiert" - sie spricht also spanisch.

Ein genereller Tipp noch zum Schluss: Vor allem in den Regionen, wo das Spanische nicht die einzige offizielle Sprache ist (Baskenland, Navarra, Galicien, Katalonien, Balearen und Valencia), sollte man sicherheitshalber immer "castellano" (Kastilisch) und nicht "español" sagen. Grund: "español" suggeriert, dass Spanisch die (Mutter-)Sprache aller Spanier sei. Diese Haltung assoziieren viele Sprecher der Minderheitensprachen immer noch mit der Franco-Diktatur, in der man sich nur in der "Sprache des Imperiums" unterhalten durfte. In Lateinamerika kann man hingegen bedenkenlos "en español" verhandeln, quatschen oder flirten."