Sonntag, Februar 03, 2008

Winterluft, Regenduft

Seit Samstag Mittag sind wir abgeschnitten von der Welt, nur die Tageszeitung hält uns auf dem Laufenden. (Sarkozy hat geheiratet, im Hafen von Barcelona hat es gebrannt, ...) Kein Telefon, kein Internet :( Habe beim Kundendienst von Tele2 angerufen und unseren Schaden gemeldet. Rufumleitung aufs Handy wurde eingerichtet. Vielleicht schaffen sie es bis Montag Mittag, dass ein Techniker nach dem rechten schaut. Wollten mir weismachen, dass es am Router läge, Kabel locker wären oder beschädigt. Wo wir doch nix angefasst haben, keine Katze in der Wohnung, die Kabel anknabbert, kein Kind, das Kabel aus Steckdosen zieht und die Hauptleitung des Telefons ist gar nicht mit dem Router verbunden!?

Fluch und Segen zugleich. Ich kann in Ruhe schreiben und Montag in aller Ruhe veröffentlichen. Ich kann allerdings nicht mal schnell nachschauen, ob "weismachen" wirklich weismachen geschrieben wird. Vielleicht heißt es auch weißmachen, waismachen, weysmachen!? Aber nein, kommt bestimmt von weise. Heißt es wirklich "nach dem rechten schauen"? Oder nach neuer Rechtschreibung eher "nach dem Rechten schauen"? Ich, die ich in Büchern, Texten und Artikeln nichts unästhetischer finde als Rechtschreibfehler!

Donnerstag war der letzte Ultraschall. Alles ist vorbereitet, korrekt positioniert, unauffällig. Aus den 2.500g müssen noch ein paar mehr werden, aber ansonsten haben wir uns endgültig an den Gedanken gewöhnt, dass eigentlich jeden Tag unsere kleine Familie um eins größer werden kann. Insgeheim hoffe ich, dass dies nicht vor Ende Februar geschieht. Noch vier Wochen durchhalten, kämpfen, ausharren. Am 27. Februar ist Notenschluss für meine vier Vorlesungen aus dem Master-Studium. Bis dahin gilt es noch fünf kleinere oder größere Projekte zu realisieren, zu jedem eine kurze Ausarbeitung sowie Präsentation anfertigen. Bereits gehaltene Präsentationen und Ausarbeitungen dürfen wir überarbeiten und erneut einreichen. Meine Abschlussarbeit sollte ich noch ein Stück voranbringen. Die ersten Tests verliefen positiv, die Ergebnisse könnten aber noch ein wenig poliert werden. Irgendwann werde ich auch Zeit haben zu erklären, was ich eigentlich den ganzen Tag in der Uni mache, worum es bei diesem ominösen Projekt geht und welchen Zahlen ein wenig Make-Up nicht schaden könnte.

Gestern war zwar erst Samstag, aber trotzdem schon Filmabend. DVD "Despues de la boda". (Natürlich hätte ich jetzt gern schnell den deutschen Titel recherchiert! Aber ohne Internet...) Eine dänische Produktion, gigantische Kameraführung, Nahaufnahmen von Momenten des wirklichen Lebens in all seiner Fragilität. Starke Seelen, schwache Körper und wir können nichts dagegen tun. Seit langem mal wieder geweint am Ende eines Films. Echte Tränen. 100% empfehlenswert. Irgendwie wissen die Nordlichter, wie man Filme macht. Haben wir jetzt schon öfter feststellen dürfen. Hingegen sind spanisches und französisches Kino oftmals nur eine Reihe "aneinandergeklatschter Muschepupu-Emotionen".

Heute wolkenverhangener Himmel in Barcelona: Winterluft, Schneeschmelzmilde, Regenduft. Durchmischt mit Schwaden von Zigarettenrauch, frischem Baguette, heißem Fett und altem Laub. Gestern frische Erdbeeren mit Vanilleeis gegessen, heute wieder die Heizung angestellt. Verkehrte Welt. Aber Regen, endlich Regen. Es sollte tagelang ausführlich regnen, denn die meisten Wasservorräte gehen zur Neige. Für Februar ist geplant den Wasserdruck nach unten zu regulieren, evtl zeitweise Wasserabschaltungen. Gleichzeitig werden nun gleich drei Meerwasserentsalzungsanlagen konstruiert. Mit großer Eile! Mir scheint, vorausschauendes Handeln war noch nie eine Stärke der Spanier.

Zeit nach Hause zu gehen. Genug gelesen, geschrieben und nachgedacht. Gebührend Leute beobachtet. Ausreichend Regentropfen an Fensterscheiben und in Pfützen unter Autorädern sterben gesehen.