Samstag, Juli 14, 2007

Lac Rose

Langsam sind alle Themen abgearbeitet, alle von uns bereisten Ausflugsziele vorgestellt, alle nicht zu peinlichen Fotos veröffentlicht. Es bleiben nur noch wenige Kuriositäten in meinem Afrika-Vorrat. Wann wird er wieder aufgefüllt? Und ich schreibe auch nicht nur für euch da draußen, sondern ganz viel auch für mich. Als Erinnerung. Wenn man heutzutage schon keine aufwändigen Fotoalben mehr klebt und auch die handgeschriebenen Tagebücher aus der Mode zu kommen scheinen, dann eben der Blog. Und dann um so ausführlicher. Gerade als Informatikerin muss ich ja mit der Zeit gehen. Auch wenn diese mir immer einen Schritt voraus ist.
Am 29. April, nachdem wir aus Kaolack bestens gelaunt wieder zurückgekehrt waren, sind wir zum Lac Rose gefahren. Wenn man es nicht mit eigenen Augen gesehen hat, dann würde man es nicht glauben. Rosarotes Wasser mit einer fast unbeweglichen Oberfläche soweit das Auge reicht. Als ob der liebe Gott grad Götterspeise mit Himbeergeschmack für den schwarzen Kontinent zubereitet. Aber nix mit süß! Statt dessen wird tagtäglich Salz in schwerster körperlicher Arbeit vom Grund des Sees gefördert.

Mit diesen wackeligen Booten begeben sich die Männer hinaus...

... und laden sie voll Salz.

Aufgabe der Frauen: Boote entladen und das Salz zur weiteren Verarbeitung zusammentragen.

Sidi mit Neffe Daouda

Immer und überall Wind!

Das Götterspeisemeer

...

Am Lac Rose endet übrigens die Ralley Paris - Dakar. Einmal im Jahr sind die Hotels und Bungalows rund um den See gut gefüllt und besucht. Außerhalb dieser Zeit verirren sich vereinzelte Touristen an die rosaroten Ufer und werden sofort von Andenkenhändlern belagert. Es scheint ein lohnendes Geschäft zu sein, denn viele haben sich in kleinen Hütten mit einem festen Angebot niedergelassen. Und in einer dieser Hütten hörten wir dann auch katalanische Gesprächsfetzen. Als Sidi dem älteren Pärchen dann auf katalan einen schönen Tag wünschte und berichtete, dass wir auch aus Barcelona kommen, schauten sie uns mehr als verdattert und entgeistert an. Denn Sidi ist offensichtlich kein Katalane. Warum also, wie ist es möglich...?

Das Ende einer Odyssee oder Die Hochzeit

Und dann war irgendwann Samstag, der 28. April 2007. Der Tag unserer Trauung. Ungeplant. Unkompliziert. Ungewöhnlich.

Nach vielen gescheiterten Anläufen in Deutschland und Spanien - entweder fehlten Papiere, sie waren nicht richtig beglaubigt oder sollten eine horrende Summe Geld kosten, oder es gab keine freien Termine zum Interview gegen Scheinehe - haben wir uns zwei Tage vor Abflug nach Dakar auf den Seiten der Deutschen Botschaft in Dakar informiert. Welche Papiere benötigt eine deutsche Staatsbürgerin um im Senegal zu heiraten?

1. Der Aufenthalt der Brautleute vor der Eheschließung im Senegal muss mindestens 15 Tage betragen, entsprechend der Aufgebotsfrist.
2. Die Aufgebotsfrist beträgt 15 Tage.
3. Es müssen die Geburtsurkunden und Ledigkeitsbescheinigungen, ggf. Heirats- und Scheidungsurkunden früherer Ehen bzw. Sterbeurkunde des verstorbenen Ehegatten der Verlobten - möglichst mit französischer Übersetzung und Beglaubigungsvermerk der deutschen Botschaft - sowie Ausweispapiere (Reisepässe) vorgelegt werden.
4. Die Botschaft fertigt keine Übersetzungen. Beglaubigungen von Übersetzungen sind jedoch gegen Gebühr möglich.
5. Für jeden Verlobten muss bei der Trauung ein Zeuge zugegen sein.
6. Ein Dolmetscher ist erforderlich, wenn die Verlobten nicht ausreichend der französischen Sprache mächtig sind.
7. Nach Eheschließung kann bei der Botschaft ein Antrag auf Erteilung eines Visums im Rahmen der Familienzusammenführung gestellt werden.

Sidi befand meine internationale Geburtsurkunde und meine deutsche Ledigkeitsbescheinigung aus Passau (von 2003!) für ausreichend.

Damit waren wir erst in Rufisque im Standesamt. Dort hätte man uns am liebsten am gleichen Tag noch getraut. Das ging dann aber plötzlich doch zu schnell! Wir wollten uns eigentlich nur informieren, ob es überhaupt möglich war. Also haben wir beschlossen, in Kaolack, Sidis Geburtsstadt, erneut beim Standesamt vorzusprechen. Dort empfing uns ein recht distinguierter Herr in Hemd und Krawatte, schaute mit besorgtem Blick unsere Papiere durch und versicherte uns noch, dass er kein Deutsch spreche, aber vollstes Vertrauen in mich setze, dass ich noch ledig sei. Und dann zeigte sich mal wieder, dass die Zone der unbegrenzten Möglichkeiten nicht die Vereinigten Staaten von Amerkia sind, sondern der afrikanische Kontinent. Nach ein bisschen gut Zureden, Überreden und Nach-dem-Mund-Reden, war Sidi um sieben Euro ärmer und die Brusttasche des Hemdes unseres distinguierten zukünftigen Standesbeamtem um sieben Euro voller. Wir hatten folgende Konditionen ausgehandelt:

1. Der Aufenthalt der Brautleute vor der Eheschließung im Senegal beträgt 8 Tage.
2. Von einem Aufgebot wird abgesehen.
3. Es müssen die Geburtsurkunden und Ledigkeitsbescheinigungen wie eben vorhanden sowie Ausweispapiere (Reisepässe) vorgelegt werden.
4. Die Botschaft fertigt noch immer keine Übersetzungen.
5. Für jeden Verlobten wird bei der Trauung ein Zeuge zugegen sein.
6. Ein Dolmetscher ist nicht erforderlich, da Kerstin perfekt französisch spricht.
7. Nach Eheschließung kann bei der Botschaft ein Antrag auf Erteilung eines Visums gestellt werden. Aber wir gehen ja nach Spanien zurück und nicht nach Deutschland.

An besagtem Samstag Morgen fanden wir uns dann mit Tante Boury und Studienfreund Ibou um fünf vor zehn im Standesamt ein. Unser distinguierter Standesbeamter hatte Hemd und Krawatte gegen ein Tennis-Lehrer-Outfit eingewechselt - Jogging-Hose, Flipflops und weißes Poloshirt. Schließlich war Wochenende... Und wir vier hatten uns extra in Schale geworfen!

An diesem Wochentag und um diese Uhrzeit herrschte absolute Stille im Amt im Gegensatz zum sonst so geschäftigen Treiben. Zum Glück war auch gerade die Elektrizität zurückgekommen, so dass die Klimaanlage leise vor sich hinsurrte und der Computer im gleichen Takt, nur eine Oktave höher mitsummte. Papiere wurden ausgebreitet, ernste Mienen aufgesetzt, Fragen gestellt. Zweimal konnte man deutlich ein "Oui, je veux!" vernehmen. Die verstreuten Papiere wurden ausgefüllt, vorsorglich die Option "Monogamie" angekreuzt, unterschrieben, gestempelt. Zum Schluss alles noch in den Computer tippen. Der Strom hielt durch! Und nach ca. einer Stunde war schon alles vorbei. Ganz schmerzlos, ohne Pieksen und Ziepen, ohne Ohnmachtsanfälle und auch ohne weiße Kutsche.

Unterzeichnen des Hochzeits-Protokolls

Nach uns mussten auch noch die Zeugen unterschreiben

So sahs aus in Kaolack!

Nochmal hübsch gemacht für...

... den Fotografen in Barcelona.

Jetzt kann sich jeder selber ein Bild von dieser Hochzeit machen. Ganz normal war es ja nicht, aber so suuuper aufregend eigentlich auch nicht. Habe ich was vermisst? Das Anstoßen mit dem Glas Sekt? Blumenkinder? Einen weißen Schleier? Den Vater, der die Braut zum Altar führt? Freunde, die ausgelassen mit Reis um sich werfen? Die riesige Party? Vielleicht ein wenig, aber was nützt der schönste Tag im Leben groß gefeiert, wenn es dann doch nicht für immer hält? Und außerdem wird das meiste davon nächstes Jahr in aller Ruhe und mit mehr Planung nachgeholt! Nur dass es keinen Polterabend und keinen Junggesellenabschied mehr gibt!

Die Heirat ist übrigens in Spanien rechtskräftig. Wir haben die Papiere übersetzen lassen und zur Anerkennung beim Registro Civil vorgelegt. In Deutschland muss ich nichts machen, nichts melden. Ein Buch der Familie gibt es ab 2008 sowieso nicht mehr.