Samstag, Mai 27, 2006

Die Schreibmaschine oder Warum Frauen alleine auf den Markt gehen sollten

Heute waren wir auf dem "Mercat dels Encants" in der Nähe von Glories - ein riesiger Flohmarkt. Neue Sachen, alte Möbel, Stoffe, Bücher, Kleidung, Betten, Briefmarken, CDs... alles was das Sammlerherz begehrt und alles was der Haushalt noch nicht hat.

Wir hatten geplant einen kleinen Beistelltisch zu erstehen und evtl noch einen Nachttisch und nach Vorhangstoffen zu schauen. Leider hat uns die Sonne einen Strich durch die Rechnung gemacht. Sidi ist von einem Schatten zum nächsten gehüpft und konnte sich auf nichts konzentrieren. An einem der Stoffstände hab ich ihn dann festgenagelt und das Schlafzimmer ist gerettet...!

Aber dann... mon mari est un fou - mais un fou très gentil! Da sah er diese mechanische Schreibmaschine. Wir waren letzten Sommer schon in einigen Geschäften, aber die Dinger sind ja normalerweise unerschwinglich. Sidi die Schreibmaschine nicht aus dem Blickfeld gelassen. Was ein wirklicher Schriftsteller ist... Und keine zehn Sekunden später hatte er sie für 10 Euro gekauft! Wunderbar, Glückwunsch. Denkst du im Ernst, dass sie funktioniert? Wie willst du dieses 20-Kilo-Monster nach Hause transportieren? (OK, vielleicht übertreibe ich, aber wir waren nen ganzes Stück zu Fuß gelaufen.)

Wir haben es zusammen geschafft - und das Maschinchen funktioniert auch noch. Wieder wie Ostern und Weihnachten auf einen Tag für meinen kleinen Poeten!

Dann hab ich Sidi heute auch noch erklärt, wie das Radio übers Internet funktioniert und dann war die Reizüberflutung komplett. Zu viel neues für heute, zu viel Input. Er hat sich dann mal lieber ums Mittagessen gekümmert ;-)

Wie lange wird die Begeisterung dafür halten?

Freitag, Mai 26, 2006

Öko oder Trendsetter?


Jeder kennt sie oder hat sie zumindest im Sommerurlaub auf den Balearen schon einmal gesehen: Espardenyes. Dem Katalanen seine Sommerschuh'! Jetzt auch meine! Und Sidis schon lange... Garantierte fußschweißfreie Zone, auch wenns mal wieder länger dauert oder wärmer wird als geplant, mindestens 10 Farben zur Auswahl, 100% Handarbeit und 100% Naturmaterialien (Hanf, Bast, Leinen, Jute).


Und der Preis unschlagbar: 7 Euro. Bestellungen werden ab sofort aufgenommen und bis Ende Juni ausgeführt ;-) Naja, aber pro Saison verläuft man sicher zwei oder drei Paar. Und die nächtlichen Straßenabspritzer stecken mit den Espardenyes-Herstellern bestimmt unter einer Decke, denn das viele rücksichtslos im Übermaß dargebotene Wasser tut den armen Dingern gar nicht gut.

Wieviele Schuhe mögen diese armen Hände schon genäht haben?

Fremdenhass im Osten

Ich bin erschüttert, schäme mich für meine Wurzeln. Es scheint kein Ende zu nehmen und warum hat es eigentlich angefangen? Potsdam, Berlin, Weimar, Wismar. Welche Stadt wird folgen? Warum denken Menschen so? Es ist einfach, die Schuld für alles auf das Fremde, Unbekannte zu schieben und dabei ganz zu übersehen, wie gut wir es eigentlich haben. Diese vorrangig jungen Leute mögen ohne Illusionen sein, aber sie sind nicht ohne Kraft, ohne Energie. Wie kann man diese Energie in positive umwandeln, auf die richtigen Bahnen lenken?

"WIR sind Brandenburg! Wir stehen auf. Wir verteidigen unsere Heimat gegen Hass, Intoleranz und Rassismus. Wir wenden uns gegen jede Gewalt. Wir stehen für Offenheit und Toleranz. Wir stehen für ein Land des Miteinander."

Wer so denkt, kann den Aufruf hier unterzeichnen.

Montag, Mai 22, 2006

Und das denkt mein Mann... (frei übersetzt)

Was ich dachte als du heute morgen gingst

Die Tage ziehen dahin
Meine Hand malt auf den Seiten
meiner Notizhefte Strände und Sände
eines Sommers, ein blauer Himmel in dem nur du existierst
Meine Qualen sind lang nicht mehr wie früher
und auch nicht meine Tränen,
seitdem du angekommen bist hat sich alles verändert
Sie erzählen, dass du eine Göttin im Land von Rilke und Goethe wärst
dass die Flüsse Donau und Inn die Morgendämmerung deines meergrundtiefen Blickes sängen und der gleiche Gott der Flüsse kam daher jeden Morgen dir die lyrische Gabe seiner Träume darzubringen
Und du, voller Stolz, auf deinem Thron aus Gold, entliesst ihn als wäre er einer deiner Bediensteten

Vielleicht ist all dies meine Einbildung,
Vielleicht existierte nichts von alldem
Aber dennoch werde ich dich zu meiner Göttin machen,
der ewigen Göttin meiner unerreichbaren Träume.

Regenbogen

"Ich kann diese Sprache nicht ausstehen: weiß, schwarz, gelb. Der Mythos der Rassen ist ekelhaft. Worum geht es da? Dass jemand wichtiger ist, wenn er weiß ist? ... Ich sehe keinen Grund, warum man sich freuen oder sich Sorgen machen sollte, dass man so oder so ist. Darauf hat keiner Einfluss. Das einzige, was wichtig ist, ist das Herz. Alles andere zählt nicht."

aus "Die Erde ist ein gewalttätiges Paradies" - Ryszard Kapuscinski

Donnerstag, Mai 18, 2006

Barça siegt - 107 Verletzte und 45 Festnahmen letzte Nacht in Barcelona

Als mich heute morgen die Rolltreppe der Metro auf den Bürgersteig der c/ Sants spuckte, machten sich zu meinen Füßen zerschlagene Flaschen, Konfetti, zerbeulte Bierdosen und achtlos beiseite geworfene Straßenabsperrungen breit. Die Stadt befand sich letzte Nacht im Ausnahmezustand. Sidi und ich... wir wollten gemütlich DVD schauen, doch als die Nachbarn mit dem Feuerwerk anfingen und Fans hupend und fahnenschwenkend durch die Straßen kreuzten, konnte unser Lautsprecher - trotz Aufdrehen bis auf Anschlag - uns den starken argentinischen Akzent vom Film "El hijo de la novia" kaum verständlich machen. Am schlimmsten war es in der Nähe vom Plaça de Catalunya - Mülleimer wurden in Brand gesteckt, Schaufenster eingeworfen, Fast-Food-Restaurants geplündert. Wie gut, dass wir das nicht live mitbekommen haben!

Barça im Freudentaumel

Heute Abend um 19 Uhr ist meine Probestunde im Fitness-Studio. Curves - ein Franchise-Unternehmen mit Niederlassungen auf der ganzen Welt. Nur für Frauen. Hat davon schon mal jemand gehört? Ich habe den Link in die Liste eingefügt. Ich war gestern erst online auf den Gelben Seiten, dann habe ich mir drei Fitness-Studios bei uns in der Nähe angeschaut. Und bei Curves wurde ich sofort vermessen (inkl. Körperfett - das wollte ich gar nicht wissen!!!), meine Ziele (allgemeine Fitness oder abnehmen oder Muskelaufbau) wurden festgehalten und die Atmosphäre ist wirklich angenehm. Die Duschen penibel sauber, der Preis mit allen anderen mir bekannten Studios in Barcelona vergleichbar. Ich durfte sofort Geräte ausprobieren und jeden Monat wird frau wieder vermessen (oh je!) und erhält eine persönliche Beratung.

Am Dienstag haben wir mit Sidis Deutschunterricht angefangen. Zweimal pro Woche 90 min. Hoffentlich verlässt uns die Diziplin nicht... Die Ergebnisse sind Ende August zu bestaunen. Da werden wir eine Woche in Schönborn, Berlin, Spreewald, Dresden, Jessen zu finden sein. Genaue Pläne existieren noch nicht, aber Besuche bei Freunden in dieser Gegend sind fest eingeplant.

Und das denkt mein Mann...

Lo que pensé cuando te fuiste esta mañana

Los días pasan
Mi mano dibuja en las páginas
de mis cuadernos playas y arenas
de verano, un cielo azul donde sólo existes tú
mis penas ya no son como antes,
mis lágrimas tampoco,
desde que has llegado todo ha cambiado
Dicen que eras una diosa en el país de Rilke y de Goethe
Que los ríos del Danube y del Inn cantaban los albores de tu
mirada de fondo del mar y el mismo dios de los ríos venía cada
mañana darte la ofrenda lírica de sus sueños
Y tú, tan digna, en tu trono de oro, le despachabas como si fuera
uno de tus servidores,
Quizás todo aquello es imaginación mía,
Quizás nada de aquello existió
Pero aún así te haré mi diosa,
la eterna diosa de mis sueños inalcanzables.

Dienstag, Mai 16, 2006

Die erste Woche in der neuen Wohnung

Ich mag es früh in der Metro zu fahren. Auch wenn ich mir meist wie eine Sardine in der Dose vorkomme... Jeden Morgen bin ich von frisch geduschten erwartungsfrohen Menschen jeden Alters und jeder Nationalität umgeben, es riecht nach einem neuen Tag, nach Hoffnung. Nachmittags ist die Metro unerträglich. Arbeit, Sorgen und Termindruck haben die frohen Gesichter zu starren Masken verzerrt, Schweißgeruch dringt aufdringlich in meine Nase und niemand bietet mir einen Sitzplatz an, sondern setzt sich lieber selbst.

Jeden Morgen elf Stationen Metro, eine halbe Stunde Bus. Jeden Nachmittag 20 Stationen Bus, 20 Minuten Metro. Das ist der einzige Nachteil der neuen Wohnung. Dass ich für meinen Weg zur Arbeit etwas mehr als eine Stunde benötige. Alle wollen wissen, wie die neue Wohnung aussieht... Fotos folgen, wenn Bilder an der Wand hängen. Im Moment ist alles noch sehr kahl. Seit einer Woche schlafen wir nun schon in unserem neuen Domizil. Der Umzug war recht anstrengend. Wir sind mit der Metro umgezogen. Acht Fahrten verteilt auf zwei Tage. Sidis 700 Bücher und mehr sind alle heil angekommen. Ich hatte ja nur zwei Reisetaschen... Wie ein Kind beim Geschenkeauspacken an Weihnachten hat Sidi dann mit leuchtenden Augen alle seine Bücher abgestaubt und fein säuberlich in die Gott sei Dank vorhandenen Regale einsortiert. Im Nachhinein betrachtet ging das alles schon wieder rasend schnell. Kaum ist die Schnegge eine Woche in Barcelona, da zieht sie auch schon in eine neue Wohnung um und noch eine Woche später ist alles wohnklar.

Am Freitag haben wir ein wenig in IKEA investiert, am Samstag habe ich dann unsere neuen Mitbewohner "FLÄRKE" und "PERSBO" montiert. Jetzt kann sich das Arbeitszimmer auch Arbeitszimmer nennen. Sonntag haben wir zu Fuß unser "barrio" erkundet. Wo ist die nächste "frutería", wo der nächste "chino", wie läuft man am schnellsten zur Metro? Wie lange braucht man zu Fuß zur "Sagrada Familia" - 15 min. Das allerbeste aber: gleich um die Ecke ist ein Lidl! Mein geliebtes Schwarzbrot zum Greifen nah, Sidi hat auch schon Geschmack an Semmelknödeln gefunden, nur Matjesfilets konnte ich bis jetzt noch nicht finden :-)

Na gut, ich gebe es zu. Den Montjuic vermisse ich schon. Das ist ein kleiner Berg oder großer Hügel mitten in der Stadt mit zahlreichen Museen, weitläufigen grünen Parkanlagen, Springbrunnen, Olympiaanlagen, Bänken, ohne Autos! Und der war bei Sidis alter Wohnung gleich um die Ecke. Da haben wir oft gesessen und gelesen oder wir waren spazieren. Man hat einen fantastischen Blick über die Stadt. Wenn nicht gerade ein kräftiger Wind den Duft von Holunder und Oleander mit Autoabgasen, Staub und feinem Sand vermischt und eine undurchdringbare Decke über der Stadt ausbreitet - die klassische Großstadt-Dunstglocke.

Blick auf den Palau Nacional am Montjuic

Am 28. April war ich mit Sidi in Martorell - einem Vorort von Barcelona. Man fährt mit der Renfe ca. 30 min. Sidi hatte Einladungen für die Preisverleihung des Literaturpreises "Premi Poesia Vila de Martorell" bekommen, den er selber im Jahr 2000 gewonnen hat. Es ist ein in Spanien angesehener Literaturpreis und war unter anderem der Grund dafür, dass sich Sidi damals in Barcelona niedergelassen hat. Wer schon einmal in Martorell war, der weiß, dass dort die große SEAT-Fabrik steht und dass Martorell, ein eher verschlafenes Städtchen, ein typischer Immigrantenort ist. Der Großteil der Bevölkerung besteht aus Latinos. Wie in so vielen Randgebieten Barcelonas.

Fotos!!

Empfang zur Verleihung des Literaturpreises
"Premi Poesia Vila de Martorell"
(Sidi hat ihn 2000 bekommen)



Abendessen in gemütlicher Runde
Lucie aus Frankreich, Ester aus Spanien, Elvira aus Kasachstan



Zwei Pärchen, drei Kontinente, vier Länder!
Walter aus Peru, Alice aus Frankreich, Kerstin aus Deutschland und Sidi aus Senegal

Donnerstag, Mai 04, 2006

Wohnungssuche die Letzte

Viele werden sich denken: Na toll, da fängt die Schnegge einen Blog an und dann stehen da zwei Einträge und kaum ist sie in Barcelona angekommen, schläft alle schriftstellerische Kreativität ein. Dem ist nicht so!

Kurze Lagebeschreibung: Auf Arbeit (ja, AUF!! Arbeit) ist viel zu tun. Ralf, mein Chef, fliegt Dienstag für sechs Wochen oder länger einmal rund um die Welt. Systeme installieren in Fidji, Präsentation in USA, Kunden gewinnen in Mexiko, Messe in Australien, ... Und daher müssen wir bis Montag noch allerhand erledigen, damit ich in den sechs Wochen nicht arbeitslos bin und genau weiß, was ich zu tun hab. Außerdem waren Sidi und ich fast jeden Abend Wohnungen anschauen. Mit Erfolg! Heute Abend um sieben werden wir unseren Mietvertrag unterschreiben. Calle Mallorca. Drei Zimmer. 70 Quadratmeter. Hört sich doch gut an!! Somit steht uns am Wochenende der Umzug bevor. Und auf einen Geburtstag sind wir eingeladen. Und darum gibt es erst nächste Woche wieder ausführliche Berichte.

Übrigens, letzte Nacht ist uns nicht viel Schlaf beschert worden und Schuld ist... der FC Barcelona. Sie haben drei Wochen vor Ende der spanischen Bundesliga mit dem gestrigen Spiel ihren ersten Platz klargemacht. Und die Fans sind stundenlang mit Freudenschreien, Hupkonzerten, Chinaböllern und Lobgesängen durch alle Straßen der Stadt gezogen. Champions League-Endspiel ist am 17. Mai. Der FC Barcelona natürlich dabei. Ich werde rechtzeitig Oropax kaufen... eine Großpackung!