Schnegge in Barcelona: Dezember 2008

Bücher 2008

Rückblick

Und so neigt sich das Jahr unaufhaltsam seinem Ende zu, vollgestopft mit allerlei Herausforderungen. Stöbernd in alten Blogeinträgen wird schnell ersichtlich wie ereignisreich es war: Geburt vom Krümel, Hochzeitsfeier, Google Zürich, MSc in Computational Science and Engineering, Augustferien in Deutschland, Oman, Umzug in die neue Wohnung, Rheumaschub. Doch mit viel Hilfe und Unterstützung haben wir alles prima gemeistert. Daher an dieser Stelle allen meinen Lesern, denen ich es noch nicht persönlich mitgeteilt habe: Danke! Und einen guten Rutsch in ein gesundes neues Jahr!

Weihnachten unspektakulär und ruhig mit einem Vogel im Ofen. Seltsam, dass die Spanier vor allem "pavo" (Pute/r) verzehren statt der gewohnten Gans oder Ente. In Polen ist es traditionell übrigens der Karpfen.

"Ist das wirklich alles für mich?"

Die Feiertage im Wetterchaos hinter geschlossenen Fenstern und Türen Sturm, Regen, Hagel und fliegende Schirme beobachtend. Wie unpraktisch ist es eigentlich bei Regen mit Kinderwagen unterwegs zu sein!? Krümel grinst hinter seiner Plastikplane, ich jongliere in einer Hand meinen Schirm und mit der anderen den Kinderwagen...

Am 27. gemütliches Essen und Beisammensein mit den Leuten aus El Vendrell. Habe mich selbst mit Kochen übertroffen. Paprikasuppe (Tipp für weihnachtliche Suppeneinlage: aus Toastbrot ausgestochene und in etwas Öl ausgebackene Sternchen), Thunfischsteak und Tiramisu. Wobei ich feststellen musste, dass unsere Gäste jetzt denken könnten, dass ich außer Thunfisch nichts anderes kann (siehe Eintrag vom 29. Jan) bzw. dass wir Thunfisch über alles lieben. Lecker wars trotzdem.

Noch völlig schlaftrunken steht der Krümel der Invasion von Gästen gegenüber.

Zwar nicht der Weihnachtsmann, aber immerhin mit weißem Bart.

Fühle mich unwohl in meiner Haut. Habe seit Beginn der Medikamentation mit Prednisolon nur ein bis zwei Kilo zugenommen, aber mein Gesicht sieht trotzdem verändert aus, gequollen, aufgeschwemmt. Bei mittlerweile nur 5mg täglicher Dosis. Es ist zum Spiegel meiden...

leseLUST - bücherfrust

Sie hat den Nobelpreis für Literatur gewonnen und ich habe schon zwei andere Werke von ihr überlebt, aber beim letzten Buch von Elfriede Jelinek ("Lust") ging es nach 70 Seiten einfach nicht weiter. Ich bin nicht der Typ, der belletristische Bücher vorzeitig zur Seite legt, sondern beiße mich bis zum Ende durch. Auch wenn manchmal zwei Jahre Pause dazwischen liegen. So literarisch ihr Werk auch sein mag, momentan finde ich es einfach nur abschreckend pornographisch und unerträglich. Vielleicht in 10 Jahren nochmal versuchen.

Wo bekomme ich meine deutschen Bücher in Spanien überhaupt her? Man höre und staune: die öffentliche Bibliothek zwei Straßen weiter hat einen gut sortierten Vorrat in deutscher, englischer und auch französicher Sprache. Der Rest - gebraucht bei Amazon oder geliehen von Freunden.

Das Fest der Feste

Nächste Woche ist es soweit. Weihnachten. Letztendlich werden wir ein paar ruhige Tage in Barcelona verbringen - das dritte Jahr in Folge. Vielleicht essen gehen, lecker kochen, viel spazieren. Für Montag sind 17°C und Sonnenschein vorhergesagt! Weihnachten am Strand statt im Schnee.

Die erste Idee für die Festtage war übrigens Senegal. Leider ist der Krümel noch zu jung um Impfungen gegen tropische und exotische Krankheiten wie Gelbfieber und Hepatitis zu erhalten. Vor zwölf Monaten werden diese nicht gegeben.

Die zweite Idee war Formentera. Eine kleine ruhige Insel im Mittelmeer. Jedoch ist dort nur von Mai bis Oktober Saison und man hat uns von einer Reise zur jetzigen Jahreszeit abgeraten. Oftmals ist der Fährverkehr nach Ibiza in diesen Monaten wetterbedingt nur sehr unregelmäßig und dann verpassen die Leute ihren Anschlussflug. Ganz abgesehen davon, dass fast alle Hotels, Appartmentanlagen, Bars und Restaurants geschlossen sind. Kochen können wir auch zu Hause!

Anfang Februar ist dann Winterurlaub geplant, im Haus Grubenlehen in Bischofswiesen. Der Krümel ist zwar noch zu klein für seine ersten Ski, aber mit Papa auf dem Schlitten wird er sicher viel Freude haben.

Und zum Trost für alle Wintergeplagten: Freut euch, ab nächste Woche werden die Tage wieder länger!

Nein, der Krümel ist noch nicht zu schwer zum Tragen und in manchen Momenten ist es einfach nur praktisch.

Ich bin noch gar nicht müde!

Stiefelodyssee

Ja, ich bin groß. Ja, ich habe Schuhgröße 41/42, besonders wenn man in die Winterstiefel noch eine kuschelige Lammfellsohle packen will oder dicke Socken anzieht. Nun war es wohl längst an der Zeit ein paar kniehohe Treter zu erstehen, denn sonst ist der Winter vorbei. "Die haben wir maximal in Größe 40 vorrätig. Ich könnte Sie Ihnen in 41 bestellen." Ja, aber ob sie dann auch passen? "Ja warum kommen Sie denn JETZT erst? Stiefel kauft man im Oktober!" Im FÜNFTEN Laden wurde ich endlich fündig. Dunkelbraun sollten sie sein. Aus Leder sind sie... nur warm halten sie nicht so richtig. Wer kauft schon GEFÜTTERTE Stiefel in SPANIEN? Aber zum Glück habe ich ja nun Platz für eine Lammfellsohle oder dicke Socken.

Zeigt her eure Zähnchen

Immer wieder was Neues und trotzdem nix Gescheits! Ich brauche eine Stiftkrone. Und das wird ein teurer Spaß, denn in Spanien sind Augen und Zähne nicht von der Krankenversicherung abgedeckt und wir haben natürlich keine private Zusatzversicherung. Wobei mir das in diesem Fall gar nicht viel weiterhelfen würde, denn die Selbstbeteiligungsraten sind bei ausgesuchten Behandlungen relativ hoch und man ist je nach Versicherung an die entsprechenden Vertragsärzte gebunden.

Nun gut, so habe ich mich denn mit dem Rest von meinem abgebrochenen 46er (schmerzfrei aber unästhetisch) zu zwei verschiedenen Zahnärzten auf den Stuhl begeben um mir einen Kostenvoranschlag unterbreiten zu lassen. Beim Spanier um die Ecke ist die komplette Behandlung für 360 Euro zu haben. Beim Deutschen in der Prachtstraße Passeig de Gracia für schlappe 776 Euro. (Irgendwie muss die Miete für die Praxis ja reinkommen!) Da ich von beiden die gleiche Diagnose bekommen habe und mich jeweils sehr gut beraten und aufgehoben fühlte, habe ich am Freitag meine erste von drei Sitzungen auf dem Weg zur ersten Krone im Beißapparat. Beim Spanier um die Ecke.

Gestern haben der Krümel und ich den Nachmittag übrigens mit dem Anfertigen der Weihnachtspost verbracht. Wir hatten beide viel Spaß und konnten heute 15 Umschläge mit den besten Wünschen für die Feiertage und den Jahreswechsel zur Post bringen.

Und wenn die kreative Phase sich schon ausbreitet, dann muss ich das auch ausnutzen. So habe ich gleich noch unseren Spiegel im Flur dekoriert und endlich die ersten Fotos und Bilder angebracht. Natürlich gebohrt und gedübelt!

Mein (ungeputztes) Spiegelwerk

Leider fehlen uns zum endgültigen Wohnglück immer noch die Fensterkleider, sprich Vorhänge, in Schlafzimmer und Wohnzimmer. Auch hier hat uns ein Kostenvoranschlag auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt und alle weiteren Aktivitäten vorerst auf Eis gelegt. 767 Euro für Stoff und Halterungen für drei Fenster. Weder haben wir Brokat ausgewählt noch sind die Fasern mit Goldfäden durchwirkt. Simpler Baumwoll-Leinen-Mix-Store. Die spinnen, die Spanier! Vorhänge werden ja eigentlich auch komplett überbewertet. Und sind längst nicht so wichtig wie funktionierende Beißer!

Der kleine Mann ist grad auf Diät mit Spezialmilch und viel Banane gegen lästigen Durchfall. Was fängt er sich nicht auch alles in der Kinderkrippe ein!

Keksfeen

Montag war wegen Feiertag natürlich auch die Kinderkrippe geschlossen und der Krümel für ein langes Wochenende zu Hause. Ganz außer Frage steht, dass ich diese Extrazeiten mit meinem Sohn genieße, aber es ist doch auch anstrengend. Das möchte ich hier gar nicht verheimlichen. Zumal andere Aufgaben sich nicht dafür interessieren, ob Feiertag ist oder Wochenende.

So musste ich trotzdem das Exposee für meine Doktorarbeit fertigstellen. Gestern wurde es eingereicht. Nachdem meine betreuende Professorin ihre Zustimmung geäußert hat, ist die Anerkennung vom Prüfungsausschuss wohl nur noch Formsache. Dem PhD wieder ein Stück näher, die Zukunft wieder ein wenig klarer vor Augen. Motivation und Tatendrang.

Doch Montag war immer noch Feiertag. Von langer Hand hatten wir Plätzchen backen in unserer Küche geplant. So trudelten Constanze, Claudia und Ulrike gegen Mittag mit ihren Backutensilien ein und nahmen meine Küche in Beschlag. Jede von den Mädels hat eine Sorte geschafft. Ich hatte vorher natürlich auch Rezepte herausgesucht, mich dann aber aufs Tee kochen, Cava ausschenken, Quätschchen halten und Krümel beschäftigen beschränkt. Der war nämlich nach zwei Stunden ziemlich überdreht von so vielen leckeren Gerüchen und so vielen neuen Leuten. Lustig war es auf alle Fälle, die Plätzchen sind auch sehr schmackhaft gelungen. Nächstes Jahr gerne wieder... mit viel Raum für Optimierung für eine bessere Plätzchen-Produktion.

Neue Regeln an der Uni

In Momenten wie diesen bin ich immer mehr als froh Angestellte einer katalanischen Universität zu sein, auch wenn der Lohn mehr als... Ach, lassen wir das. Wo wird Forschung schon gerecht entlohnt und verlässt sich nicht auf Leidenschaft, Motivation und Idealismus der Forschenden.

Vor gut zwei Wochen habe ich mich zufällig im Intranet umgeschaut und bin, ich weiß nicht wie, auf der Seite mit den Regelungen zur Vereinbarung von Beruf und Familie gelandet: unter anderem 15 Tage Urlaub bei der eigenen Hochzeit, vier Wochen für frisch gebackenene Väter und ein Jahr Arbeitszeitreduzierung bei voller Lohnfortzahlung für neue Mütter. Alles nichts neues, aber das eine Jahr Arbeitszeitreduzierung fängt plötzlich erst nach dem Mutterschutz an, nicht mit dem Mutterschutz. Stutz! Ich habe natürlich die vorherige Version beantragt, unterschrieben und genehmigt bekommen. Wann haben sich die Richtlinien geändert? Habe ich das Katalanisch auch richtig verstanden?

Nach viel Fragen, Telefonieren und Emails die Antwort: Ende September hat man die Regelungen aller öffentlichen katalanischen Universitäten zu diesem Thema vereinheitlicht - zu meinem Vorteil. Nach erneutem Telefonieren, Tippen, Bitten und Druck machen der positive Bescheid: Die Regelung kann in meinem Fall nachträglich angewendet werden; ich muss nur noch zwei Papiere einreichen. Somit habe ich nicht nur bis Anfang März einen Tag in der Woche frei, sondern bis Ende Juni!

Über jede verfasste Doktorarbeit in Angewandter Tiermedizin werde ich informiert, über jeden Furz vom Rektor, nur die wirklich wichtigen Dinge bekommt man nicht per Email-Verteiler sondern muss man selber suchen.

2. Advent

Spanien lebt dieses Wochenende seine Dezember"puente": zwei Feiertage kurz hintereinander. Am 6. Dezember der Tag der Verfassung und am 8. Dezember noch ein katholischer Feiertag, der Tag der Unbefleckten Empfängnis.

Heute haben wir den Sonnenschein für einen gemütlichen Spaziergang durch die Innenstadt genutzt. Obwohl Feiertag ist, waren die meisten Geschäfte geöffnet und trotz Krise versank jeder in berauschenden Vorweihnachtseinkäufen. Die Straßen ein Meer aus Menschen, Tüten... und Kinderwagen.

Im Barrio Gotico ist jedes Jahr eine lebensgroße Krippe aufgebaut, der kleine Weihnachtsmarkt vor der Kathedrale ebenso hoffnungslos überlaufen und ohne gebrannte Mandeln oder Glühwein im Angebot. Dafür hat es wenigstens nach Tannen geduftet.