Donnerstag, April 27, 2006

Wohnungssuche die Erste

Ich bin gut in Barcelona gelandet und habe heute den ganzen Vormittag mit Beine-in-den-Bauch-Stehen oder wahlweise Sitzen verbracht... stundenlang. Erst war ich bei der Ausländerbehörde um meine "Residencia" zu beantragen. Ich habe zwar schon eine Ausländer-Identifikationsnummer, aber nur auf einem Blatt Papier und das ist doch sehr unpraktisch. Die "Tarjeta de residencia" hat das Format einer Kreditkarte (noch ne Karte!) und wird hier überall akzeptiert. Vieles geht einfacher als mit dem deutschen Personalausweis. Stellt es euch wir einen spanischen Perso vor, nur dass ich weiterhin deutsche Staatsbürgerschaft habe.

Wie immer hier in Spanien zieht man eine Nummer und ist dann irgendwann dran. Irgendwann... Wie fühlt es sich an mit 25 verschiedenen Nationalitäten in einem Raum? Jeder taxiert jeden und fragt sich was der andere in Spanien will. Weiße werden meist sowieso abgestempelt. Die Europäer eben. Für die ist doch sowieso alles einfach. Müssen sich nicht einmal in der Schlange anstellen. Nur noch die Nummer ziehen und dann warten, während alle Nicht-Europäer vorher schon ewig in einer Schlange auf der Straße standen. Um überhaupt zum Nummernziehen zugelassen zu werden. Chinesen, Dominikaner, Amerikaner, Peruaner, Marrokaner, Russen, ... Ich glaube es war so ziemlich alles vertreten. Es ist interessant die Leute zu beobachten. Gibt es einen Unterschied zwischen den Völkern in ihrer Fähigkeit zu warten? In ihrer Gabe der Geduld?

Und was habe ich am Ende bekommen? Einen Termin im Juli. Diese Sachen werden grundsätzlich nur mit Termin erledigt. Na prost Mahlzeit. Zu guter Letzt habe ich dann auch noch erfahren, dass ich den Termin auch hätte per Telefon oder Email ausmachen können. Das muss einem doch gesagt werden!!

Danach gings ins Registro Civil. Ich habe nachgefragt, ob ich mit der Residencia eventuell um das Ehefähigkeitszeugnis (brauchen Deutsche um in Spanien heiraten zu können) herumkomme, weil ich doch dann fest in Spanien bin und auch 'fast' als Spanierin behandelt werden könnte... Nein! Oh je... dann steht Sidi und mir jetzt ein langer Weg bevor. Wir fangen morgen an. Geburtsurkunden übersetzen, mit dem Passauer Standesamt Kontakt aufnehmen, Beglaubigungen holen, Stempel hier, Stempel dort... Vielleicht weiß ich im Juni, wenn ich in Passau bin, schon mehr. Ach so, so viele schwangere Frauen wie im Registro Civil hab ich noch nie auf einem Fleck gesehen!

Nachher geht es gleich zur ersten Wohnungsbesichtigung. Nach meinen ersten Erfahrungen am Telefon bin ich leider nicht so optimistisch. Vor ca. vier Tagen führte ich folgendes Gespräch mit einem unfreundlichen Herrn am anderen Ende:

"Wollen Sie alleine in der Wohnung wohnen?"
- Nein, zusammen mit meinem Mann. (Diese Bezeichnung macht die Sache meist einfacher. Meist. Die Katholiken können sich mit dem Gedanken der wilden Ehe oft nicht anfreunden.)
"Was macht ihr Mann? Beruflich."
- Er hat seinen eigenen Verlag. Ich beende gerade mein Studium und werde dann zu arbeiten anfangen.
"Aber ihr Mann ist schon Spanier?"
- Nein, mein Mann ist Senegalese und ich bin Deutsche!
"Oh, ach so, rufen Sie in drei oder vier Tagen noch einmal an, aber ich kann ihnen da nichts versprechen!"

Das Gespräch verlief mit Armeestimme auf der einen Seite und am Ende Mäuschenfiepen auf der anderen. Sowas hab ich echt noch nicht erlebt... aber wir können nur daraus lernen. Die Catalanen scheinen mir ein besonderes Völkchen zu sein: zu stolz, zu nationalbewusst, zu wenig spanisch, zu wenig tolerant, zu wichtig...

Mal sehen, wie unsere zwei Termine heute Abend laufen und ob die Wohnungen überhaupt das sind, was sie in der Anzeige im Internet darstellen. Das ist nämlich leider oft nicht der Fall. Die Preise auf dem Wohnungsmarkt in Barcelona sind noch dazu total überteuert, mit München vergleichbar.

Freitag, April 21, 2006

Barcelona ist in greifbare Nähe gerückt...

Blick auf den Inn in Passau
In genau fünf Tagen werde ich am Flughafen München einchecken: "Barcelona, one-way bitte. Rückflug offen." Und dann hat mich meine neue alte Heimat wieder.

An dieser Stelle möchte ich für alle, mit denen ich nicht jede Woche telefonieren kann, meine Gedanken und Erlebnisse niederschreiben, Fotos veröffentlichen, Kommentare erhalten, ... Ein virtuelles Tagebuch? Online im Netz, für jeden zugänglich? Warum nicht. Hat uns die Flut an Kunden-Bonusprogrammen (siehe Payback, Miles-and-more) nicht schon längst zum 'Gläsernen Bürger' werden lassen? Dann werde ich jetzt hiermit dem Topf nur noch den Deckel aufsetzen!

Ich werde in Deutsch schreiben, meiner Muttersprache, weil ich mich da einfach am sichersten fühle, am besten ausdrücken kann. Es tut mir leid für all meine Freunde, die vielleicht nur Englisch oder Spanisch verstehen. Dann müssen wir doch wieder auf das Telefon zurückgreifen :-)

Passau von der Veste Oberhaus aus
Heute ist Freitag. In drei Tagen werde ich meine letzte Diplomprüfung erfolgreich!! absolvieren. Dann trennt mich nur noch knapp ein halbes Jahr vom Titel der Diplom-Informatikerin. Und dann? Ich weiß es noch nicht, es ist noch zu früh um sich darüber Gedanken zu machen. Natürlich gibt es vage Zukunftspläne, Optionen, Wunschvorstellungen, aber gerade bei meiner Suche und Anerkennung der Diplomarbeit habe ich gemerkt, dass sich die Zukunft sowieso alle fünf Minuten ändern kann. Ich habe mich schon in der Nähe von Darmstadt im Büro von Procter&Gamble gesehen, hätte die Möglichkeit Siemens in München akzeptiert, und dann ist es doch Barcelona geworden... Zufälle, Mutationen unserer eigenen Lebensplanung.

Mein Zimmer in Passau ist derzeit in einem seichten geordneten Chaos versunken: Kisten, Tüten, Kartons. Viereinhalb Jahre war die Drei-Flüsse-Perle mein Zuhause und ich habe mich hier pudelwohl gefühlt. Jetzt ist jeder Gang an die Uni, jedes Spazieren am Inn, jedes Flanieren durch die Fußgängerzone ein kleiner Abschied. Natürlich werde ich schon im Juni wieder eine Woche hier sein um mit meinem Professor über meine Diplomarbeit zu reden, eine Präsentation in seiner AG zu halten, nach Literatur in der Bibliothek zu suchen... aber es wird nicht das gleiche sein. Viele meiner Freunde haben sich schon aus dem Staub gemacht, andere müssen noch durchhalten, doch eines Tages wird jeder vor einem Neuanfang stehen und genau nachvollziehen können, wie ich mich gerade fühle. Neue Stadt, neue Arbeit, neues Leben, neue Leute, neue Wohnung... nur mein Mann bleibt gleich! Und das ist wohl auch einer der Gründe, warum ich es etwas einfacher als viele andere haben werde.

Die Veste Oberhaus
Ich werde jetzt mein sonnenbebrilltes Haupt ein letztes Mal in die Mensa tragen. Natürlich wird der 'Fraß' wie immer sein. Die Köche wissen ja auch nicht, dass ich gehe. Warum hat Passau gleich nochmal den 2. Platz für die Mensa des Jahres bekommen? Also, die Sauce vom Schnitzel - Basis immer gleich, nur manchmal schwimmen pilzähnliche Gebilde darin - kann es nicht gewesen sein, denn die verursacht bei gestressten Studis mit nervösem Darm Durchfall oder wenigstens Bauchgrummeln! Zurück zu den Reisschälchen... Ach, jetzt fällt es mir wieder ein. Es war das Ambiente, die Atmosphäre und wahrscheinlich der Anblick sonnengebräunter selbstverliebter Gucci-Herren und Dior-Häschen auf dem Catwalk vom Mensakarten-Automaten zur Essensausgabe.

An guaten!